Abschnitt 5: Sihanoukville (Kambodscha)

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Angstschweiß im Taxi


Der Elefant, ein umweltfreundliches Verkehrsmittel
Halsbrecherisch geht es gen Westen. Knapp 40 Dollar haben wir für die 140 Kilometer lange Fahrt im Taxi nach Sihanoukville berappt, weil wir diesmal keine Lust auf Hunderte Zwischenstopps und Khmerschlager-Zwangsbeschallung im Bus hatten. Dekadent, aber bequem - jedenfalls wenn man nervenstark ist und einen die kambodschanische Fahrweise nicht aus der Fassung bringt. Nachdem wir kurz vor Kampot einen Elefanten(!) überholt haben, geht es schließlich richtig los. Ohne Rücksicht auf Verluste wird Überholt, was das Zeug hält. Vorzugsweise vor Kurven und bei nahem Gegenverkehr. Wichtigstes Instrument am Auto ist die Hupe, und die Hand des Fahrers drückt sie praktisch ohne Unterbrechung. Ein Wunder, dass kambodschanische Autos keinen "Hold"-Knopf für dafür haben. Die beste Strategie als Fahrgast ist dabei, gar nicht erst aus dem Fenster zu gucken und in buddhistischer Manier über die Endlichkeit des eigenen Seins zu kontemplieren. Weil man aber auch etwas von der Landschaft mitkriegen will, bleibt einem nichts anderes übrig, als hinter jeder zweiten Kurve oder nach jedem LKW sein nahes Ende zu erwarten und sich damit zu trösten, wenigstens mit einem schönen Ausblick in den Augen in die nächste Existenz überzuwechseln. Ebenso tröstlich ist, dass unser Fahrer zu den wenigen Khmer gehört, die jenseits der Fünfzig sind. Er hat also nicht nur die Roten Khmer überlebt, sondern auch seine eigene Fahrweise. Und das lässt hoffen.


Golden Lion Monument
Fünfzig Kilometer vor Sihanoukville wird die Straße mautpflichtig. Da sich ihre Qualität trotzdem nicht verbessert ist anzunehmen, dass die Mauteinnahmen direkt in die Portemonnaies irgendeines korrupten Bonzenkonsortiums fließen. Die Hafenstadt selbst liegt recht zerstreut inmitten einer fast mediterran anmutenden Hügellandschaft und wirkt auf den ersten Blick sympathisch, aufgeräumt und angenehm. Sihanoukville, das eigentlich Kompong Son heißt, ist mit 203.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt des Landes. Hier befindet sich der einzige Tiefseehafen Kambodschas, den Prinz Norodom Sihanouk 1965 mithilfe französischer Ingenieure errichten ließ. Zum Dank trug die Stadt fortan seinen Namen.

Außer dem einzigen wirtschaftlich wichtigen Hafen ist Sihanoukville der einzige Ort in Kambodscha, an dem es Sandstrände mit entsprechender Infrastruktur gibt. Bei Touristen wie Khmer ist die Stadt also als größerer Bade- und Urlaubsort beliebt - und das natürlich auch mit allen negativen Konsequenzen. Ganze sieben auch namensmäßig unterschiedene Badestrände gibt es auf den rund zehn Kilometern Küste zwischen dem südöstlichen Stadtzipfel am Orcheutral Beach und dem Hafen. Jeder dieser Strände soll seine Eigenheiten haben; Westtouristen bevorzugen allerdings den Serendipity Beach südlich des Zentrums.


Die Malibu-Bungalows
Ohne es zu wissen haben wir die perfekte Wahl getroffen. Bei der Suche nach einer Unterkunft per Internet fielen uns die Malibu Bungalows ins Auge, ein kleines Ressort, das genau zwischen Serendipity und Sokha Beach gelegen ist. Eine überaus vorteilhafte Lage, wird sich später herausstellt. Wir haben keine Reservierung, erhalten aber trotzdem einen schönen Bungalow im Steilhang über dem Meer.

Die Anlage verfügt über einen kleinen, etwa 50Meter breiten Privatstrand, der lax bewacht wird und Einheimische, die sich hier gerne zum Fadenfischen treffen, offen steht. Abgegrenzt wird der Strand zum Serenpidity Beach hin durch unüberwindbare Felsblöcke, die den nahen Touristentrubel auch optisch aussperren. Auf der anderen Seite befindet sich der komplett private Sokhastrand, der zum gleichnamigen Hotel der einflussreichen Sokimex-Gruppe gehört und auf dem meist wenig los ist. So abgeschottet lässt es sich auf dem kleinen Ministrand der Malibu-Bungalows prima relaxen, und zwar ohne sich von westlichen Touristengruppen nerven zu lassen, ohne von Bettlern aller Altersgruppen angeschnorrt zu werden, ohne Strandverkäufer abwimmeln und ständig auf seine Wertsachen aufpassen zu müssen. Kurzum, der ideale Strand zum Ausruhen inmitten einer ansonsten weniger empfehlenswerten Badegegend. Die Preise für Unterkunft und das kleine Restaurant sowie das nette Personal machen die Malibu-Bungalows zur ersten Wahl in Sihanoukville. Besser könnte es kaum sein - unser ultimativer Tipp!

  Malibu Bungalows


In der City
Sihanoukville ist eine breit gefächerte Stadt, die sich über ein erstaunlich großes Terrain erstreckt. Es gibt große unbebaute oder spärlich bebaute Lücken, so dass alles sehr luftig und keineswegs großstädtisch wirkt. Das Zentrum ist sehr überschaubar und besteht in der Hauptsache aus einigen größeren Straßen, von denen recht kleine Gassen von eher dörflichem Charakter abzweigen. Im Zentrum gibt es alles, was man benötigt. Banken, einige Lebensmittelgeschäfte, Restaurants und einen größeren Straßenmarkt - nachdem die Markthalle vor kurzem einem Brand zum Opfer fiel. Sogar eine deutsche Bäckerei hat sich in einer ominös wirkenden Seitengasse niedergelassen, ihr mickriges Angebot ist aber nicht der Rede und eines Besuchs wert.

Von unserer Unterkunft zwischen Sokha und Serendipity Beach sind es gute drei Kilometer Fußmarsch bis ins Zentrum. Wie es sich für aktive Reisende gehört, legen wir sie stets zu Fuß zurück, was mitunter gar nicht so einfach ist. Tuk-Tuk Fahrer überhäufen uns mit Angeboten, so dass wir irgendwann vom höflichen Ablehnen zum unhöflichen Ignorieren übergehen. Zudem brennt auf der völlig schattenlosen Strecke die Sonne erbarmungslos vom Himmel. Dafür sparen wir jede Menge Fahrtkosten und tun etwas für unsere Fitness. In der 7 Makra Street befindet sich ein italienisches Eiscafé, das zur Don Bosco Hotelschule gehört. Hier schmeckt nicht nur das Eis sehr gut, sondern es werden durch diese Organisation kambodschanischen Jugendlichen berufliche Perspektiven eröffnet, so dass sich ein Besuch auf alle Fälle lohnt. Einzig bitterer Beigeschmack ist, dass es sich bei der Don Bosco Foundation um ein katholisches Missionswerk handelt. Trotzdem gehört das Eisessen dort zu jedem Besuch der City.


Der schattenlose Weg in die Innenstadt



Panorama auf viel Bauland



Vor dem Hospital



Müllig mit schäbigem Ambiente: Serendipity Beach
Ein weiteres kleines Nebenzentrum hat sich in der Nähe des Golden Lion Monument, einem Kreisverkehr mit zwei imposanten Löwenskulpturen in der Mitte, gebildet. Hier ist allerdings alles auf Touristen und Traveller ausgelegt, und wie so oft wirkt vieles irgendwie schäbig und billig. Allerdings gibt es ein gutes Internetcafé, einige (auch bessere) Kunsthandwerksläden und einen kleinen Liquorstore mit unschlagbaren Preisen. Ein Paradies für den Liebhaber geistiger Flüssignahrung, der hier nur durch lästige Zollbestimmungen vom Großeinkauf abgehalten wird.

Hundert Meter weiter schließlich ist der Zugang zum Serendipity Beach, jenem Strand, der bei westlichen Touristen besonders beliebt sein soll. Der Sand ist müllig und das Publikum im Durchschnitt recht jung. Darauf haben sich die angrenzenden Bars und Restaurants eingestellt, die mit lauter Musik und grellen Plakaten auf irgendwelche Sonderaktionen hinweisen. Hie und da riecht es nach Kinderprostitution. Zwei Westler liegen auf ihren Sonnenliegen, während sich ein Mädchen (oder Junge?) zwischen und auf ihnen herumschlängelt. Zwischen den Billardtischen der Bars ist der ein oder andere Ladyboy auszumachen, also Jungen, die Frauen täuschend ähnlich sehen und damit etwas Geld verdienen. Hinter den Bars, wo offensichtlich ein beträchtlicher Teil des anfallenden Mülls entsorgt wird, ist das touristische Strandidyll dann jäh zu Ende. Erst an seinem nördlichen Ende, wo der Sandstrand engen Felsen weicht, wird das Ambiente des Serendipity Beach gediegener. Hier gibt es einige gute Restaurants; besonders zu empfehlen ist das "Cloud 9" mit seiner ausgesprochen leckeren Khmer-Küche. Zuweilen verirrt sich auch der ein oder andere Bettler hierher, weswegen man immer ein paar Riel-Scheine parat haben sollte. Aber auch hier gilt, dass nur kriegsversehrten Menschen mit einer Gabe wirklich geholfen ist, während Kinder im Abstiegskreislauf gehalten werden.

An seinem Nordende ragt eine Felsnase ins Meer, die den Serendipity-Beach von "unserem" Strand des Malibu Guesthouses trennt. Wann immer wir es uns dort gut gehen lassen, können wir kaum glauben, dass sich das ungemütliche Leben so nah bei uns abspielt - aber keine Chance hat, zu uns hinüber zu dringen.


Serendipity-Strandidyll



Sonnenuntergang über den Füßen am schönen Strand der Malibu-Bungalows



Busbahnhof von Sihanoukville
Der Vorteil einer Stadt wie Sihanoukville liegt im wesentlichen darin, dass man Strandmüßiggang mit der Infrastruktur einer Großstadt verbinden kann - zumindest, wenn man sich in ein gutes Guesthouse mit ebenso gutem Strandabschnitt einmietet. Dennoch wird auch ein solcher Aufenthalt nach wenigen Tagen eintönig. Wir beschließen, uns Bustickets nach Bangkok zu besorgen und ein paar Tage länger in der thailändischen Hauptstadt zu bleiben, also eine knappe Woche. Schnell ist das Hotel dort über unser früheres Eintreffen informiert.

Fehlen nur noch die Tickets. Angeboten werden solche nach Koh Kong an der thailändischen Grenze, oder aber Kompletttouren nach Bangkok. Wir sind unschlüssig, wollen uns aber nicht für eine fast ganztätige Reise in die Hände irgendeines wenig vertrauenswürdigen Transportunternehmens begeben und lassen uns über das Guesthouse zwei Fahrkarten nur nach Koh Kong besorgen. Wir sind neugierig auf die Fahrt, denn die Route führt durch riesige unwegsame Urwälder in der kaum besiedelten Provinz Koh Kong. Zudem sollen an der neuen Straße durch das Gebiet noch nicht alle Brücken stehen. Es wird also spannend.









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    Sihanoukville


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